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Kakteen & Sukkulenten nicht nur zur Zierde

 

Menschen gehen seit Jahrtausenden mit sukkulenten Pflanzen in besonderer Weise um. Sie dienen der Ernährung, stellen die Verbindung zu den Göttern her oder werden für Heilzwecke genutzt.

 

 

 

Zeremonial-Kakteen

Bis heute hat die „raiz diabolica“, Teufelswurzel (Lophophora) wie sie die ersten Missionare nannten eine große Anziehungskraft, nicht zuletzt wegen seiner Inhaltsstoffe von über 50 Alkaloiden, insbesondere das halluzinogenen Meskalin.

Der „Peyote“ Lophophora williamsii spielt vermutlich seit 7000 Jahren in Mittel- und Nordamerika eine ebenso bedeutende Rolle wie der „San Pedrokaktus“ Echinopsis pachanoi in Südamerika. Die Einheimischen lebten noch in einer Welt, in der alles einen göttlichen Ursprung hat, mit dem sie sich durch seine Offenbarung in der umgebenden Natur wieder zu verbinden suchten. Beim Peyote Genusses ging es nicht um den Rausch an sich. Es war ein umfangreiches Ritual, das von der Ernte bis zum festlichen Verzehr ein Weg zu den Offenbarungen des Gottes „Jiculi huálula saelimi“ war, wie ihn die Tarahumara nannten.

 

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Lophophora williamsii

Zu trauriger Berühmtheit dagegen gelangte der riesige Kugelkaktus Echinocactus platyacanthus, der „Teocomitl“ genannt, als Altar für grausige Menschenopfer in der Kultur der Azteken in Mexiko benutzt wurde.

 

 

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Echinocactus platyacanthus

 

Bis heute spielt der riesige Kandelaber-Kaktus Carnegiea gigantea eine große Rolle im Südwesten der USA. Die Samen werden nach der Ernte gemahlen und das Fruchtfleisch frisch gegessen oder zu einem Wein vergoren, der in einer Zeremonie zum Regenmachen getrunken wird.

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Carnegia gigantea

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Hochland von Bolivien werden jährlich 30.000 Neowerdermannia vorwerkii, kleine, kugelige Kakteen anlässlich eines religiösen Festes gesammelt, gekocht und verzehrt.

 

 

 

 

Der kleinen Epithelantha micromeris wird nachgesagt, „die Augen groß und klar zu machen“ ein langes Leben zu verleihen und vor teuflischen Machenschaften zu schützen, dies glauben heute noch die Tarahumara in Mexiko.

 

 

 

 

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Epithelantha micromeris

 

Opuntia ficus-indica gehört zu den am weitesten verbreiteten sukkulenten Nutzpflanzen. Auch bei uns bekannt sind die sogenannten „Tunas“, die saftigen Früchte des Feigenkaktus. Die jungen geschälten Sprosse werden in Streifen geschnitten, frisch oder aus der Dose gebraten oder gekocht als Gemüse gegessen. In Mexiko werden diese Nopalitos frisch als auch in Dosen verkauft. Auch als Viehfutter sind vor allem die fast dornenlosen Züchtungen sehr beliebt. Dornigen Vertretern werden in Trockenzeiten die Dornen abgebrannt und die Triebe anschließend verfüttert. Das hilft manchem Bauern seine Existenz über Dürreperioden hinweg zu erhalten. Der Sirup aus dem Fruchtfleisch gewonnen wird stark eingedickt „queso de tuna“ genannt, eine bräunliche, kristallisierte Masse die süß und fruchtig schmeckt.

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Opuntia ficus indica

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch bei uns bekannt sind die als Pitayas bezeichneten, sehr wohlschmeckenden Früchte von einer Verwandten der Königin der Nacht Selenicereus megalanthus aus Süd- und Mittelamerika oder Hylocereus sowie Stenocereus beide aus Mittelamerika.

 

 

 

 

 

 

Der Heidelbeerkaktus Myrtillocactus geometrizans hat sogar seinen Namen von den beliebten, heidelbeerähnlichen Früchten die frisch oder wie Rosinen getrocknet in ihrer mexikanischen Heimat erhältlich sind. Von Dutzenden weiterer Arten werden nicht nur die Früchte genutzt.

 

 

 

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Mytrillocactus geometrizans

 

Der ganze Pflanzenkörper vom Tonnenkaktus Ferocactus hytrix wird in Stücke geschnitten kandiert und als beliebte Leckerei auf mexikanischen Märkten verkauft. Bekannt ist auch die Verwendung von Kakteen-Knospen, des Pflanzenkörpers für Suppen oder gekocht und geschält sowie die Sprossknollen, wie Kartoffeln.

 

 

 

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Ferocactus hytrix

 

Auch einige Mittagsblumengewächse werden verzehrt, beliebt sind die Lebenden Steine Lithops bei Kindern in Südafrika als willkommene feuchte Erfrischung.

 

 

 

 

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Lithops julii fulleri brunnea

 

 

Tequila und was man aus Agaven noch machen kann

Bereits die Azteken gewannen aus den abgeschnittenen Blütenschäften der Agaven einen Saft, der eingedickt als Aguamiel bekannt ist. Dieser Agaven-Dicksaft ist wegen seines Fruchtzuckers für Diabetiker geeignet. Aus vergorenem Saft entsteht das Agavenbier (Pulque), das Nationalgetränk Mexikos von dem 400 Millionen Liter im Jahr konsumiert werden. Der Tequila selbst ist eine Erfindung der spanischen Eroberer und wird aus dem vergorenen Saft der blauen Agave tequilana gebrannt, die in speziell ausgewiesenen Anbaugebieten wachsen. Alle anderen Agavenbrände werden Mezcal genannt. In diesem wurde früher zur Qualitätskontrolle – heute als Vermarktungsgag – der Agavenwurm eingelegt, der sich nur bei ausreichendem Alkoholgehalt nicht zersetzt.

 

 agave tequilana

Baubiologisch wertvolle Fasern liefern die Blätter von Agave sisalana. Die rund 1,5m im Durchmesser erreichenden Rosetten der Sisalpflanze bilden einen bis 0,5m hohen Stamm. Die Sisalfasern zeichnen sich durch besonders hohe Reiss- und Scheuerfestigkeit sowie hohe Feuchtigkeitsresistenz aus. Sie werden unter anderem zu Tauen, Seilen, Netzen, Teppichen, Säcken, Bürsten, Matten und Körben verarbeitet, finden in Baustoffmatten und bei der Polsterung Verwendung.

 

Agaven entwickeln zum Teil riesige Blütenstände und sterben nach der Blüte ab. Allerdings bilden sie vorher viele Kindel, die das Überleben der Art sichern. Aus der Basis dieser Blütenstände werden wohlklingende Röhrentrommeln hergestellt

 

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Agave sisalana 

 

 

Heilkraft steckt nicht nur in Aloe vera

Von den Anbauflächen schlägt diese Aloe alle anderen sukkulenten Pflanzen um Längen. Von Amerika über Südeuropa, Nordafrika, Indien und Südchina bis Australien wird sie kultiviert, oft noch unter dem Namen Aloe barbadensis. Schon vor 6000 Jahren fand sie Verwendung in Ägypten nicht nur beim Einbalsamieren der Verstorbenen. Bei äußerlicher Anwendung wird einfach etwas vom gelartigen Inneren des Blattes auf die Haut aufgetragen. Die Regeneration der Haut wird gefördert und die Entzündungen geheilt. Eine innere Anwendung, bei der verschiedene Rezepturen Verwendet werden,  reinigt und fördert den Heilungsprozess. Viele andere Aloe-Arten sind ebenfalls heilkräftig, besonders A. arborescens wird eine noch stärkere Wikung nachgesagt, A. ferox und A. fossteri wird von Einheimischen bei Hautverletzungen genommen, A. saponaria gegen Scherpilzflechte, A. marlothii gegen Wurmparasiten und A. variegata bei Zahnfleischentzündung.

 

Heute ist ein riesiger Markt für Aloe-Produkte entstanden, doch die frische Pflanze hat in jedem Fall die vitalste Wirkung.

 

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Aloe vera 

 

 

 

 

 

 

Auch Kakteen werden vielfach in der Medizin eingesetzt. Aus der Königin der Nacht Selenicereus grandiflorus wird bei uns das Medikament „Tinctura Cacti“ hergestellt, das bei Herzleiden hilft. Einheimische verwenden dafür außerdem Peniocereus greggii und Echinocereus coccineus. Einige Arten darunter Mammillaria grahamii helfen gegen Ohrenentzündung, die Blackfoot nehmen Früchte von Escobaria vivipara gegen Durchfall, Kakteen-Tee gegen Magen-Darm Probleme, die Shoshonen Brei aus Opuntia basilaris zur Wundheilung und vieles mehr.

 

 

 

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Selenicereus grandiflorus

 

 

In Südafrika kennt man „Kanna“ Sceletium tortuosum als wirkungsvollen Stimmungsaufheller, fermentierte Blüten gegen Zahnschmerz, deren Saft gegen Koliken und vieles mehr hilfreich ist. Auch das Mittagsblumengewächs Carpobrotus wird in der Volksmedizin gegen Tuberkulose, Herzprobleme zur Wundheilung und viele andere Erkrankungen eingesetzt.

 

 

 

 

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Sceletium tortuosum 

 

Die große Familie der Wolfsmichgewächse spielt in der Medizin des Altertums und in der Volksmedizin eine Rolle. Lange Jahre wurde der reizende Milchsaft als Euphorbium gewonnen und bei Sehnenverletzungen, bei Kopfleiden und Krankheiten des Magens und der Blase eingesetzt. Selbst gegen Nervenkrankheiten, Lähmung, Migräne und vieles mehr fand es Verwendung. Doch die heftige Reizung die der Saft auslöst ist nicht ungefährlich und hat Euphorbium in der modernen Medizin unbedeutend werden lassen.

 

 

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Euphorbia ingens 

 

In Europa und Asien gibt es Sukkulenten der Familie der Dickblattgewächse, wie Sedum und Sempervivum, die seit Alters her medizinische Verwendung finden. Die Rosenwurz Rhodiola rosea wird heute gerade neu entdeckt und ihre Wirkung mit der des Ginseng verglichen. Kräftigung und Stärkung des allgemeinen Wohlbefindens wird ihm nachgesagt ebenso wie Beruhigung. Es wirkt antidepressiv, schmerzlindernd, Tumor vorbeugend,  verbessert die Hirnleistung, normalisiert den Herzschlag und vieles mehr.

 

 

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Sempervivum ´Granat´

 

 

Hoodia, der Schlankmacher aus der Wüste

Eine ungewöhnliche Pflanze ist die Hoodia gordonii aus der Kalahari, einer Nebelwüste Namibias. Sie gehört zu den Aasblumen, ein Name der ihnen der unangenehmen Geruch ihrer Blüten eingebracht hat, die dadurch Fliegen als Bestäuber anziehen.

Der Khoi-San Stamm stillen ihren Hunger und Durst während langer Jagdwanderungen mit Hoodia-Pflanzenteilen. Erst kürzlich wurde die appetitzügelnde Wirkung wissenschaftlich untersucht und patentiert. Die San erhielten erst nach öffentlichem Druck einen kleinen Teil der Lizenzgebühren.

 

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Hoodia gordonii 

 

Farben, Zäune und Rainsticks

Die Beispiele der vielfältigen Verwendung von Sukkulenten würde ohne die Cochenille-Zucht auf Opuntien eine große Lücke aufweisen, Aus dieser Lausart wird der natürliche rote Farbstoff Karmin gewonnen. Die Läuse gedeihen auf den flachen Sprossen der Opuntien und werden von dort durch Abkehren gesammelt. Man braucht 140.000 Tiere um ein Kilogramm Farbstoff zu gewinnen, dieser wird heute in hochwertigen Lippenstiften, Martini, Campari, Speiseeis, Schminke, und anderen Produkten eingesetzt wird.

Aus der bezaubernden Wunderwelt der Sukkulenten werden auch Parfüms kreiert,  wie das in jüngster Zeit mit der Königin der Nacht geschah.

Allerdings sind andere Anwendungen wie das Aufpflanzen von lebenden Zäunen noch häufiger. Kakteen bilden dornige unüberwindliche Wälle oder Euphorbien mit ihrem stark reizenden Milchsaft stellen selbst für viele Tiere unangenehme Hindernisse dar. Diese Wirkung in Verbindung mit der Haftwirkung des Kautschukanteils wird bei Pfeilgiften von afrikanischen Ureinwohnern genutzt.

 

Wussten Sie, dass ein erheblicher Teil der alten Kerzen, Siegelwachs und Grammophon-Platten aus den Wachsausscheidungen der Euphorbia antisyphillitica hergestellt wurden?

 

Nicht zuletzt spielen viele abgestorbene baumförmige Sukkulenten eine Rolle als Bauholz sowie bei der kunsthandwerklichen Verarbeitung.

 

 

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Euphorbia antisyphilitica